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Barrierefrei ins Märchen-Schloss

Schloss Neuenbürg hat als erstes Schloss in Baden-Württemberg das Zertifikat „Reisen für Alle“ erhalten

Im Vergleich zu anderen Bundesländern wurden in Baden-Württemberg bisher relativ wenige Reise- und Ausflugsziele mit dem Zertifikat „Reisen für Alle“ ausgezeichnet. Als erstes Schloss im Land hat nun Schloss Neuenbürg die Prüfung bestanden.

Burgen wurden genau genommen als Barrieren errichtet, die die Bewohner und den Gebäudekomplex schützen sollen. Und beim Bau von Schlössern dürfte kaum jemand an Menschen gedacht haben, die nicht gut zu Fuß sind, denn der Zutritt war sowieso auf wenige beschränkt und helfende Hände seitens der Bediensteten gab es genug. Inzwischen ist die Welt eine andere, Schlösser und Burgen sind zu Orten geworden, die sich geöffnet haben und besondere Besucherattraktionen darstellen. Als solche müssen oder sollten sie für alle zugänglich sein. In Sachen Barrierefreiheit ergeben sich für historische Bauwerke allerdings große Probleme, da sie eben voller Barrieren sind. Deren Beseitigung ist nicht nur teuer, sondern muss auch mit den Vorgaben des Denkmalschutzes vereinbar sein.

Um seine Mitglieder in Sachen Barrierefreiheit und Teilhabe aller zu unterstützen, setzt sich der Verein „Schlösser Burgen Gärten Baden-Württemberg“ schon seit Jahren mit diesem Thema auseinander und widmete ihm 2015 sogar die Jahrestagung. Nun hat mit Schloss Neuenbürg im nördlichen Schwarzwald eines seiner Mitglieder als erstes Schloss in Baden-Württemberg das Zertifikat „Reisen für Alle“ erhalten. Die bundesweit gültige Kennzeichnung im Bereich Barrierefreiheit erfasst durch ausgebildete Erheber:innen, ob die erforderlichen Qualitätskriterien umgesetzt sind und stellt die für die Gäste notwendigen Informationen auf der Website bereit. Entwickelt wurden sie in mehrjähriger Zusammenarbeit mit Betroffenenverbänden und touristischen Akteuren. Interessierte können sich vorab detailliert über die jeweiligen Bedingungen an ihrem Wunschziel informieren.

Die Barrieren sind weitgehend gefallen

Schloss Neuenbürg gehört zu den Glanzlichtern der Region Nördlicher Schwarzwald und kann auf eine mehr als 800-jährige Geschichte zurückblicken. Konzerte, Wechselausstellungen und zahlreiche andere kulturelle Veranstaltungen machen das Zweigmuseum des Badischen Landesmuseums das gesamte Jahr über zu einem interessanten Ausflugsziel. Interaktive Stationen und eine Filmstation lassen die Geschichte von Schloss, Stadt und der Region erlebbar werden. Für Jung und Alt besonders reizvoll ist die begehbare Theaterinszenierung des Märchens „Das Kalte Herz“ von Wilhelm Hauff.

Wie aus dem Prüfbericht hervorgeht, erfüllen alle prüfrelevanten Bereiche die Qualitätskriterien der Kennzeichnung „Barrierefreiheit geprüft – teilweise barrierefrei für Menschen mit Gehbehinderung”. Dazu gehört unter anderem neben Behindertenparkplatz, Aufzug, entsprechendem WC und ausreichender Breite der Durchgänge auch das Angebot von Führungen für Menschen mit Gehbehinderung und Rollstuhlfahrer. Die gesamte Route ist dabei stufenlos befahrbar, und für Menschen mit Gehbehinderung stehen während der Führung mobile oder feste Sitzgelegenheiten zur Verfügung. Auf Anfrage dürfen beim Schlossbesuch auch Assistenzhunde mitgenommen werden.

„Mit dem zukunftsweisenden Schritt der bundesweit gültigen Zertifizierung konnten wir unser Angebot für diese Zielgruppen nun signifikant erweitern“, freut sich Schlossleiterin Jacqueline Maltzahn-Redling zusammen mit Gabriele Häußermann, Stadtkämmerin von Neuenbürg. Maltzahn-Redling, die zugleich Erste Vorsitzende des Vereins „Schlösser Burgen Gärten Baden-Württemberg“ ist, zu dem mehr als 100 Baudenkmäler im Südwesten gehören, sieht außerdem auch in Zukunft das Thema Barrierefreiheit und Teilhabe aller auf der Agenda des Vereins. Sie hofft, dass noch viele dem Beispiel von Schloss Neuenbürg folgen.