Coronaauswirkungen auf Schlösser BW

Dominoeffekt hinter trutzigen Mauern

Die Corona-Krise bringt auch die Burgen, Schlösser und herrschaftlichen Gärten in eine Notlage

Schlösser, Burgen, Gärten und Klöster zählen für den Tourismus im Südwesten zu den wichtigsten Attraktionen, jetzt werden sie von den Auswirkungen der Corona-Krise empfindlich getroffen. Der Verein „Schlösser, Burgen, Gärten Baden-Württemberg e.V.“ weist auf den Dominoeffekt hin, der in Gang gesetzt wurde.

Die Mauern der Burgen, Klöster und Schlösser Baden-Württembergs könnten viele Geschichten von Leid und Krankheit erzählen. Sie wurden von feindlichen Heeren belagert, gestürmt, gebrandschatzt, erlebten die Pest und andere Seuchen. Jetzt, im 21. Jahrhundert, wo sie zuletzt bestenfalls von Besuchermassen überfallen wurden, müssen sie sich der Herausforderung durch eine Pandemie stellen. Man sollte meinen, diese Bollwerke der Geschichte und Tradition könnten das locker überstehen. Leider ist dem nicht so.

Die Tore aller Monumente sind fest verriegelt, die Museen sind geschlossen, die Gaststätten verwaist. Die Kammerzofen, Gräfinnen und Zeremonienmeister, die die Gäste hinter die Kulissen der Sehenswürdigkeiten führten und lebendig Geschichte vermittelten, wurden nach Hause geschickt. Viele von ihnen besserten ihre magere Rente mit Führungen und Aufsichtstätigkeiten auf, andere bestritten den gesamten Lebensunterhalt damit. Busreisende, Geburtstags-, Hochzeits-, Konfirmations- und Kommunionsgesellschaften mussten stornieren. Die Gastronomen können ihre Angestellten nicht mehr bezahlen und auch nicht die Pacht; den Pächtern von Museumsshops geht es nicht anders. Konzerte und Theaterstücke müssen abgesagt werden, die Künstler stehen vor dem Nichts. Sponsoren für geplante Events, die in der längst gelaufenen Vorbereitungsphase bereits viel Geld kosteten, ziehen sich zurück, weil sie selbst Liquiditätsprobleme haben. Rechnungen an Zulieferer und Handwerker, Beherbergungsagenturen, Versicherungen, Wach- und Schließgesellschaften und viele mehr können nicht oder nur unter großer Anstrengung beglichen werden.

Arbeitsplätze und Existenzen sind gefährdet

Den Betreibern der Burgen – Privatleute, Kommunen und staatliche Einrichtungen – fehlen Beträge, die zusammengenommen mehrere Millionen ausmachen. Damit wurden vor allem auch im strukturschwachen ländlichen Raum Arbeitsplätze gesichert und die Sehenswürdigkeiten erhalten. Die privaten Eigentümer stellen sich mit ihren Investitionen in den Dienst des öffentlichen Interesses und zwar meist, ohne dafür staatliche Zuschüsse oder Subventionen zu erhalten. Für viele von ihnen steht nun die Existenz auf dem Spiel. Philipp Fürst zu Hohenlohe-Langenburg, 1. Vorsitzender des Vereins „Schlösser, Burgen, Gärten Baden-Württemberg e.V.“, zur schwierigen Situation der Monumente: „Für einige unserer Mitglieder sind die Einnahmen aus Tourismus und Events auf ihren Burgen oder Schlössern die einzigen Einnahmequellen, daher trifft es sie genauso hart wie zum Beispiel viele Gastronomen. Ein zusätzliches Problem ist die dann nicht gewährleistete nachhaltige Pflege des Denkmals, was zu erheblichen Folgeschäden führen kann.“

Unverzichtbar für den Tourismus

Bei Umfragen zu touristischen Lieblingsthemen tauchen die Schlösser, Burgen, Klöster und herrschaftlichen Gärten regelmäßig unter den ersten zehn Nennungen auf. Sie ziehen Besucher und Besucherinnen aus der ganzen Welt und auch der unmittelbaren Umgebung an und sind ein unverzichtbarer Teil für die Geschichtsvermittlung, die regionale Identität, den Tourismus und die Wirtschaft. Im Tourismuskonzept des Landes Baden-Württemberg, das erst im vergangenen Jahr verabschiedet wurde, zählen sie zu den Produktmarken, auf die besonderes Augenmerk gelegt wird. Hinter den so stark wirkenden Mauern der Schlösser, Burgen, Klöster und Gärten des Landes zeichnet sich jetzt ein langfristiger Dominoeffekt ab, der einige Betreiber von historischen Gebäuden in den Abgrund reißen, für manche Orte einen dramatischen Verlust an Arbeitsplätzen bedeuten und der Vielfalt im Tourismus in Baden Württemberg schweren Schaden zufügen dürfte.

 

Pressereaktion:

2. April 2020: NWZ_Coronaauswirkungen_Schloss-Weissenstein

Ende April / Anfang Mai nahm die Pressemeldung der Vereins die DPA auf, der Artikel von Kathrin Drinkuth wurde deutschlandweit in zahlreichen Zeitungen veröffentlicht, so zum Beispiel in den Stuttgarter Nachrichten.